7. Optimale Signalextraktion von den originalen Tr?gern
Eine optimale Extraktion eines analogen Signals mit einem Minimum an Wiedergabeverzerrungen kann nur mittels moderner, gut gewarteter Wiedergabemaschinen erzielt werden, die idealerweise der letzten Generation angeh?ren. Bei historischen Tr?gern, m¨¹ssen die Wiedergabeparameter (Geschwindigkeit, Entzerrung, Spurformat, Type der Timebase-Korrektur, etc,) objektiv auf der Basis der Kenntnis des vorliegenden Formats festgestellt werden.
Bestimmte Justierungen der Wiedergabeger?te k?nnen notwendig werden, um die Signalabnahme der Charakteristik der Aufnahme des abzuspielenden Tr?gers anzupassen und damit die Signalqualit?t zu optimieren. So ist beispielsweise ein Azimutfehler bei analogen Magnetbandaufnahmen verbreitet, der nur w?hrend der Wiedergabe des Originals im Zuge der Digitalisierung behoben werden kann. Ebenso muss der durch Lagerung eingetretene Kopiereffekt unmittelbar vor der Signal¨¹bertragung minimiert werden. Dar¨¹ber hinaus k?nnen andere kleine Ungenauigkeiten der Bandf¨¹hrung bei der Aufnahme von Originalen zu erheblichem und vermeidbarem Anstieg von Fehlern f¨¹hren.
F¨¹r Video werden bestimmte Typen von Dropouts am besten im Zuge der ?bertragung kompensiert. Bei der ?bertragung von Film k?nnen manche Formen von Kratzern am besten durch ein fl¨¹ssiges Bad im Filmprinter w?hrend der ?bertragung entfernt oder vermindert werden. Beim digitalen Scannen kann der Einsatz spezieller diffuser Lichtquellen denselben Effekt erziele
Zur Verringerung der potentiellen Gefahr einer Besch?digung der Originale ist die regelm??ige Instandhaltung der Wiedergabeger?te nach professionellen Standards zu gew?hrleisten. Zu diesem Zweck und zur ?berpr¨¹fung aufkommender Probleme sind geeignete Kalibriermedien (Testplatten, Testb?nder) f¨¹r die eingesetzten Wiedergabeger?te einzusetzen, soweit diese noch erh?ltlich sind.
Bei digitalen tr?gergebundenen Formaten k?nnen verschiedene Abspielger?te die Daten in verschiedener Weise auslesen, die nicht alle den zu ¨¹bertragenden Datenstrom erfolgreich darstellen. Um solche Probleme zu entdecken und zu bewerten sind Fehler¨¹berwachungen sowohl bei Real-time-Wiedergabe als auch bei ?bertragung mit erh?hter Geschwindigkeit (¡°data ripping¡°) unerl?sslich. Unkorrigierbare Fehler, die auf die Digitalkopie ¨¹bertragen wurden, m¨¹ssen dokumentiert werden.
Digitale tr?gergebundene Formate k?nnen verschiedene Subcode-Informationen tragen, das sind Sekund?rinformationen, die parallel zur Prim?rinformation in den Datenstrom geschrieben sind. Inkompatibilit?ten zwischen Aufnahme- und Wiedergabeger?ten k?nnen zu ungenauer bzw. gar keiner Wiedergabe dieser Daten f¨¹hren. Es ist wesentlich, die Formateigenschaften einschlie?lich allf?lliger Subcode-Informationen zu kennen und das Mindestma? an Prim?r und Sekund?rinformationen schon vor der Digitalisierung festzulegen (siehe Kapitel 2).
Es ist nicht einfach, die richtigen Wiedergabeparameter f¨¹r ein vorliegendes analoges audiovisuelles Dokument festzustellen, wenn eine objektive Information ¨¹ber diese Parameter fehlt. Wie in anderen Bereichen historischer Forschung ist auch hier die Verwendung von vorsichtig gew?hlten Ann?herungen zul?ssig. Prinzipiell m¨¹ssen jedoch alle Entscheidungen dokumentiert und irreversible Schritte vermieden werden. Alle nicht notwendigen subjektiven ?berarbeitungen d¨¹rfen nur an Benutzerkopien vorgenommen werden.
Kommentar:
Inad?quate Signalextraktion von originalen Dokumenten resultiert oft aus einem Mangel an professionellen Kenntnissen bzw. dem Einsatz mindergeeigneter Ger?te. Die Bedeutung der Erfahrung und des Geschicks des Personals, das die ?berspielung vornimmt, kann nicht hoch genug eingesch?tzt werden, ebenso wie die Verf¨¹gbarkeit von professionellen Ger?ten. Die ?bertragung optischer Tonspuren von Filmen ist beispielsweise sehr herausfordernd und bedarf hochspezialisierter Ger?te.
In einigen F?llen kann es vorteilhaft sein, mehrstufige Verfahren zur Wahl der Wiedergabeparameter zu w?hlen. Dies kann z.B. in der Herstellung von Archivmastern ohne Entzerrung bestehen, wobei die Entzerrungen nur f¨¹r die Benutzerkopien eingef¨¹hrt werden, oder durch eine Software erst im Falle der Benutzung.
Wenn beispielsweise f¨¹r Filme ¡°one light transfers¡° angebracht erscheinen, sollte das RGB Signal so justiert werden, dass die maximale Farbinformation f¨¹r jeden Kanal erreicht wird, damit eine Korrektur des Farbverlustes ohne Verzerrungen (clipping) erzielbar ist.
Best Practices f¨¹r den Transfer von Filmen sind noch in Entwicklung, wobei die Academy of Motion Picture Arts and Sciences (AMPAS) und die Society for Motion Picture and Television Engineers (SMPTE) eine Vorreiterrolle spielen. Diese Bem¨¹hungen werden zu standardisierten Methoden f¨¹hren, die einen besonderen Einfluss auf das Erfassen der Farbt?ne und ihrer Varianten im originalen Film haben werden. Allerdings sind Systeme, die diese neuen Entwicklungen bereits einsetzen, nicht weit verbreitet und werden in Ged?chtnisinstitutionen noch nicht angewendet.
Die systematische Erfassung von Subcode-Informationen auf digitalen tr?gergebundenen Formaten als Methode zur Bewahrung relevanter Sekund?rinformation wird immer noch weithin vernachl?ssigt. Dies ist die Folge von Inkompatibilit?ten der Subcode-Formate zwischen Ger?ten und Schnittstellen. Bis jetzt haben sich, wenn ¨¹berhaupt, nur wenige Standards zur weiteren Bewahrung dieser Informationen in einer dateibasierten Umgebung durchgesetzt. Kompatibilit?tsprobleme werden oft auch bei der Wiedergabe einmal bzw. mehrmals bespielbarer optischer Platten festgestellt.
Die in diesem Kapitel beschriebenen Prinzipien gelten f¨¹r Prim?rinformationen in Form von Dokumentaraufnahmen, einschlie?lich von Dokumenten k¨¹nstlerischer Auff¨¹hrungen oder sonstigen Formen aktueller Ereignisse. Wo allerdings Prim?rinformationen Kunstobjekte oder Teile davon sind (wie etwa bei Skulpturen oder Installationen mit audiovisuellen Komponenten), kann als zus?tzliche ethische Verpflichtung die Bewahrung der urspr¨¹nglichen Wiedergabeverzerrungen hinzutreten, um den Intentionen des K¨¹nstlers gerecht zu werden. Die Absichten und M?glichkeiten bei der Sch?pfung des Originals sind daher bei der Wahl der ?bertragungsparameter von Kunstobjekten zu ber¨¹cksichtigen.